12. März 2020 - Viktor Turad (Freier Mitarbeiter der Schwäbischen)
AALEN - Viele Frauen im Ostalbkreis haben höhere Schul- und Bildungsabschlüsse und auch bessere Noten als Männer. In ihrer anschließenden Berufsbiografie schlägt sich diese Überlegenheit aber
nicht adäquat nieder. Dies ist ein Ergebnis einer Studie des Kreisfrauenrats in Zusammenarbeit mit der Hochschule Aalen, die Dr. Julia Frank in der jüngsten öffentlichen Sitzung des Kreistags
vorgestellt hat.
Jetzt müsse ein frauenpolitisches Konzept her, forderte Stephanie Eßwein (CDU) und signalisierte, dass ihre Fraktion dafür ist, Gelder bereitzustellen, damit die Daten ausgewertet und
Handlungsempfehlungen entwickelt werden können.
So gut wie keine Frau, ergibt sich aus der Studie unter der Überschrift „Frauen! Was muss sich ändern, wenn es besser werden soll?“, hat gar keinen Schulabschluss. 35,5 Prozent haben die Realschule
absolviert, rund 34 Prozent verfügen über einen Hochschul- und Universitätsabschluss. Wobei es bei den höchsten Abschlüssen keine signifikanten Unterschiede zwischen Frauen mit und ohne
Migrationshintergrund gibt.
Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt übrigens mit 40 Prozent bei Frauen im Alter zwischen 50 und 65 Jahren, also bei denen, wie es dort heißt, die die sogenannte Rush-Hour des Lebens hinter sich
haben. Die Altersgruppe der 18- bis 35-Jährigen, die in Ausbildung, Studium oder am Berufsanfang sind, umfasst 20 Prozent, die der 35- bis 50-Jährigen, die in der Lebensmitte sind und sich mit der
Gründung einer Familie befassen, bei 28 Prozent.
Mehr als jede zweite Frau (60 Prozent) ist in Voll- oder Teilzeit oder als Selbstständige tätig. Nimmt man nur die Frauen, die dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung stehen, also nicht
Hausfrauen, Rentnerinnen, in Qualifizierungsmaßnahmen oder in Mutterschaftsurlaub beziehungsweise Familienzeit sind, dann sind sogar 80 Prozent der Frauen erwerbstätig.
Sind sie das in der Landwirtschaft, gehen sie oft noch einer Tätigkeit außerhalb nach und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Gesamteinkommen landwirtschaftlicher Betriebe. Sie schützen aber auch
sich selbst vor Altersarmut. Bei der Betreuung von pflegebedürftigen Eltern oder Schwiegereltern sind es wiederum die Frauen, die diese Aufgabe übernehmen. Überhaupt, so ein weiteres Ergebnis der
Studie, schultern Frauen nach wie vor allein die Familienpflichten.
Drei Viertel der Frauen sind zufrieden mit ihrem aktuellen Erwerbsstatus. Die Gründe für Unzufriedenheit sind vielfältig und reichen von den Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen bis zu den
Einkaufsmöglichkeiten. Jede zweite Frau ist mit ihrer persönlichen Wohnsituation und mit ihrer sozialen Ein- und infrastrukturellen Anbindung zufrieden. Bei 39 Prozent gilt dies mit Einschränkungen,
bei sieben Prozent gar nicht.
Mit der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Pflege sind in etwa gleich viele Frauen zufrieden oder unzufrieden. Dies relativiert sich allerdings, wenn man weiß, dass von den befragten Frauen etwa
jede Dritte teilzeitbeschäftigt ist, für sie also alle Anforderungen leichter unter einen Hut zu bringen sind. In der Studie wird deshalb vermutet, dass die Zufriedenheit unter den Bedingungen der
Vollzeitbeschäftigung entsprechend weniger ausgeprägt wäre.
Auch fehlende Ganztagsplätze, wenig flexible Zeiten bei der Kinderbetreuung und nicht ausreichende Angebote bei der Seniorenbetreuung machen den Frauen das Leben schwer. In der Studie ist daher von
einer Sackgasse die Rede: Wenn Frauen zwar einer Erwerbstätigkeit nachgehen wollten, ihnen aber die Unterstützung etwa bei der Kinderbetreuung fehlt, stellten viele ihren Kinderwunsch entweder
zurück, reduzierten ihn oder unterdrückten ihn ganz.
Andererseits verzichteten junge Mütter auf eine Erwerbstätigkeit, um ihre Kinder betreuen zu können. Die Folge: Es fehlen sowohl Kinder als auch Arbeitskräfte.
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist, dass die Ostälblerinnen sich stark ehrenamtlich engagieren, nämlich zu rund 60 Prozent. Je älter die Frauen sind, desto mehr engagieren sie sich. Bei den unter
35-Jährigen dagegen sind es nur halb so viele, wie es ihrem zahlenmäßigen Anteil an der Bevölkerung entspricht.
Auf die engagierten Frauen könne man stolz sein, sagte Stephanie Eßwein. „Frauenpolitik ist Strukturpolitik und somit unser aller Politik!“ Ein gemeinsames politisches Konzept nicht nur für Frauen
forderte Veronika Gromann (Grüne). Männer sollten sich nicht wie Gottes Geschenk an die Menschheit aufführen, schmunzelte Carola Merk-Rudolph. „Gemeinsam können wir was erreichen.“
Handlungsempfehlungen voranzubringen, regte Bernhard Ritter (Freie Wähler) an, an Ressourcen dürfe dies nicht scheitern. „Jetzt erst recht, liebe Frauen und Männer“, wandte sich Cynthia Schneider
(Linke) an das Gremium. „Gemeinsam werden wir es schaffen.“
Es gibt Zahlenmaterial, sowohl auf Bundes-, als auch auf Landesebene... und für den Kommunalbereich fordern wir diese Zahlen ein... und just da kam eine Pressemitteilung des Bundesfamilienministeriums vom 20.02.2017
Eine Zusammenfassung der Studie sowie den Gesamtbericht finden Sie unter www.oecd.org/berlin/publikationen/dare-to-share.htm
Um die Weichen in Bezug auf Gleichstellung richtig zu stellen, müssen wir erstmal wissen, was junge Männer und Frauen wollen.
Was Frauen zwischen 18 und 40 Jahren wollen, wurde in einer sehr ausführlichen und spannenden Studie untersucht, die Sie hier herunterladen können.
Prof. Dr. Carsten Wippermann und sein Team wollten wissen...
Diesen Fragen ging Prof. Dr. Carsten Wippermann vom DELTA-Institut für Sozial- und Ökologieforschung im Auftrag der FES nach. Hierzu wurden Frauen aus allen sozialen Schichten und Milieus in
Fokusgruppeninterviews befragt und durch die Ergebnisse einer quantitativ-repräsentativen Untersuchung ergänzt.
Die breite Datenbasis bietet neue Einblicke in die Lebensrealitäten und gleichstellungspolitischen Einstellungen von Frauen zwischen 18 und 40 Jahren.
Und: Trotz vieler Verbesserungen sehen junge Frauen die Gleichstellung der Geschlechter noch lange nicht erreicht!